Am Freitag sollte es für Patric ja die nächste Infusion geben und mit diesem Vorhaben fuhren meine Schwiegereltern ihn auch in die Klinik. Dort angekommen allerdings ließ sich Patric trotz aufwendigen Versuchen nicht wecken. Drei Pfleger musste ihn also aus dem Auto holen und sofort wurde ein neues CT angesetzt.
Kurz vor 3 erhielt ich den Anruf meines Schwiegervaters auf der Arbeit. Noch wusste er kein Ergebnis, berichtete aber, dass Patric inzwischen wieder wach und auf dem Zimmer wäre. Ich beeilte mich also unsere Tochter von der Kita zu holen, bei unserem Au Pair abzuliefern und schnell ins Krankenhaus zu kommen. Dennoch was es bereits 17.45 Uhr also ich dort ankam. Sofort empfing mich auch der Stationsarzt. Sehr nett, doch seinem sehr bestrebten Drumherumreden konnte man sofort entnehmen, er hatte schlechte Nachrichten. – Wenn ich eines in den letzten Monaten gelernt habe, dann ist es, dass Neurologen dazu tendieren, die Dinge nie wirklich beim Namen zu nennen und wenn man sich nicht selbst beliest, dann wäre man über dieses traurige Schicksal ständig im Unklaren; in irgendeinem Schwebezustand zwischen Bangen, Hoffen und einer Art zäher Lähmung. – Irgendwann kam er also zum Punkt: „… man muss also sagen, die letzte Lebensphase hat begonnen.“ Wir hatten Monate, um uns auf diesen Satz vorzubereiten doch wenn er einen dann trifft, dann ist man doch nicht im geringsten darauf eingestellt.
Der Tumor ist also weiterhin gewachsen, beträchtlich gewachsen, so dass der Fluss des Gehirnwassers gehämmt ist. Von einer Avastingabe wird deshalb abgesehen, um den Körper nicht noch mehr zu belasten. Auch würde man uns empfehlen die Therapie mit Novocure Optune zu beenden. Über Pfingsten wird man Patric im Krankenhaus behalten und dann wird sich der Sozialdienst mit uns in Verbindung setzen, um zu klären, wie die Pflege zu Hause organisiert werden kann. Das war er also, der Anfang vom Ende…
Mit diesen Tatsachen im Kopf betrat ich Patrics Krankenzimmer und war durchaus wieder einmal überrascht. Denn er saß im Bett, hatte gerade einen riesigen Abendbrotteller verputzt und lachte mir entgegen. Seine Eltern waren eigentlich auch ganz guter Dinge und berichteten, dass er vorher schon Obst gegessen hat – schließlich gab es ja nichts zu Mittag und so ginge es ihm jetzt ganz gut. Irgendwie eine sehr surreale Situation. Dann ließen uns die Schwiegereltern allein, um mich später zu Hause zu treffen. Wir plauderten ein bisschen darüber, was Patric für Sachen macht und uns alle schockt und dann schwiegen wir und genossen die Zweisamkeit. Ich versuchte die Tränen die heimliche meine Wangen herunterrollten zu verstecken und als Patric dann wieder sehr müde wurde ließ ich ihn schlafen und ging.
Zu Hause vor den Kindern ließen wir uns nichts anmerken und waren alle stark. Doch solange die Kinder in der Nähe sind, geben sie einem auch so viel Zuversicht und Freude, dass man einfach tapfer sein muss. Außerdem steckt in jedem der Beiden ja ein gutes Stück Patric drin! Doch als die Süßen Arm in Arm mit mir eingeschlafen waren, lag ich wie gelähmt mit ihnen im Bett und konnte mich einfach nicht mehr bewegen. Ein riesiges Gefühlschaos in meinem Kopf.
Samstag hieß es dann weitermachen. Die Kinder Vormittags bespaßen und an die frische Luft bringen, damit sie nachmittags brav mit den Papa besuchen gehen. Mit einer großen Schüssel Erdbeeren und Reiswaffeln, sowie dem Pupendoktor Arztkoffer und ein paar Spielzeugautos fuhren wir ins Krankenhaus. Nach einem Rüffler der Stationsschwester, dass Kinder eigentlich nicht erlaubt sind, durften wir doch zu Dritt rein – aber nur kurz. Daraus wurden dann 2,5 Stunden… Erst schlief Patric nur, was dazu führte, dass Linus unser gefräßiger Kleiner Papas Nachmittagssnack eine Packung Schokokekse sofort vom Tisch klaute und sie vertilgte. Ziehmlich lustig. Na ja, jetzt würde ich Patric die Schokokekse ja auch gönnen – mit der gesunden Ernährung müssen wir es wohl nicht mehr übertreiben und so sollte er seine kleinen Freuden haben. Ok, in dem Fall wohl nicht, denn die Kekse waren ja weg.
Nach einer Weile jedenfalls wachte Patric auf und setzte sich plötzlich auf als wäre nichts. Wir verbrachten eine ganz vergnügliche Zeit zusammen mit den Kindern und als er nach 2 Stunden wieder müde wurde verabschiedeten wir uns.
Gleiches Spiel dann heute aber ohne die Kinder. Nicht dass die Stationsschwestern einen Herzinfarkt bekommt! Wir hatten ein paar schöne Stunden zusammen und ich versuche, wie es mir auch viele von euch geraten haben, jeden Moment einzufangen und zu genießen.
Ich möchte euch für die vielen lieben Mails und Kommentare nochmals danken und muss sagen, dass ich die meisten Tränen vergieße, wenn ich die alle lese. Unsere kleine Familie ist unglaublich dankbar für so viel Mitgefühl und Zuspruch.